Frei zugängliche Periodenprodukte - und was sie für die Gesellschaft bedeuten: Im Gespräch mit Marika Klein
- Carolin Braun
- 27. Apr.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 8. Mai
Stell dir vor, du bist unterwegs, vielleicht auf einer Messe oder mit Freunden.
Du unterhältst dich, du lachst, es ist alles in Ordnung, bis dann plötzlich das Gefühl
aufkommt, bei dem du sofort weißt: Ich bekomme gerade meine Periode, früher als
gedacht. Und natürlich hast du nichts dabei und suchst die nächste Toilette, gehst
dorthin, merkst, dass es überhaupt keine Menstruationsprodukte gibt und auch
keine andere Frau in der Nähe ist, die du schnell nach einem Tampon oder einer
Binde fragen könntest. Dann sitzt du wenig später auf Toilette und faltest Toilettenpapier übereinander, bis du eine Binde simulieren kannst und hoffst, dass es nicht so weit bis zum nächsten Drogeriemarkt ist. Kommt dir das bekannt vor? Mir auf jeden Fall.
Und jetzt die Frage:
Wie anders würde es sich anfühlen, wenn du auf die Toilette gehst und dort
ein Spender für Menstruationsprodukte hängen würde? Schlicht, elegant,
kostenfrei und ohne Scham zugänglich. Denn: Periode ist nichts, wofür wir uns schämen müssen, sondern sie in die Mitte der Gesellschaft gehört.
Genau dafür steht Marika Klein, Ausbilderin und Teil der NextGen bei
der Wilhelm Klein GmbH in Wilnsdorf. Heute sprechen wir im Interview darüber, wie es ist, als junge Frau in einem traditionsbewussten und familienorientierten Unternehmen zu arbeiten und warum Periodenprodukte in die Mitte der Gesellschaft gehören.

Caro: Jetzt habe ich dich ja schon kurz vorgestellt. Trotzdem würde ich gerne
einmal von dir hören: Was ist deine Rolle bei der Wilhelm Klein GmbH und
welche Stationen haben dich dorthin geführt?
M: Mein Name ist Marika Klein, ich bin 23 Jahre jung, habe letztes Jahr meine
Ausbildung abgeschlossen, bin im Anschluss in unser Familienunternehmen
eingestiegen und leite hier den Bereich Ausbildung. Das heißt, ich bin für die
Organisation und Koordination im Ausbildungswesen zuständig und habe somit
viel in Kontakt mit unseren Azubis, den Ausbilder*innen und der Berufsschule.
Caro: Der Tampon- und Bindenspender, namens tabi, ist eine eurer
Innovationen, die auf dem Messebereich des Female Health Festivals ausgestellt
wird. Neben dem tabi habt ihr auch andere Produkte rund um Inkontinenz und Pflege
im Sortiment. Also auch Themen, die, wie die Periode, immer noch
schambehaftet oder teilweise sogar noch mehr gesellschaftlich tabuisiert oder
stigmatisiert werden. Euch gelingt es ganz großartig darüber offen zu
kommunizieren. Wie gelingt euch das?
M: Es ist uns einfach wichtig, in der Gesellschaft auf diese Themen aufmerksam zu
machen. Die Idee für den Periodenspender kommt ursprünglich aus den
skandinavischen Ländern. Darauf basierend hatte mein Vater den Gedanken,
einen Spender namens tabi (Tampon und Binden) zu entwickeln, der Zugang zu
Menstruationsprodukten ermöglicht. Und ja, auch der Inkontinenzbereich liegt uns am Herzen. Wir haben eine eigene Medical- Abteilung, die Beratungen im Inkontinenzbereich anbietet und individuell auf die Bedürfnisse der Person eingeht.
Caro: Was war euch bei der Entwicklung sowohl funktional als auch gesellschaftlich
wichtig?
M: Der Gedanke, unserer Gesellschaft die Möglichkeit zu geben, kostenlos zu
Menstruationsprodukten zu greifen, stand hier im Fokus.
In Waschräumen steht jederzeit Toilettenpapier selbstverständlich zur
Verfügung. Da wir jedoch in Deutschland Periodenarmut haben, war für uns klar, dass auch
der Zugang zu Menstruationsprodukten gewährleistet sein muss. Dieses Thema
ist leider, wie du schon sagst, noch in mancher Hinsicht tabu.
Mit dem tabi können wir einen Teil dazu beitragen, dass die Gesellschaft offener
damit umgeht. Die Funktionalität des tabis ist sehr wichtig. Der Spender enthält abgerundete Ecken, eine Anti-Finger-Print-Beschichtung und lässt sich sowohl spielend leicht befüllen als auch abschließen. Die Entnahme der Tampons und Binden ist sehr
hygienisch und über einen QR-Code kann die Benutzung eines Tampons in
unterschiedlichen Sprachen nachgelesen werden.

Caro: Kürzlich hattet ihr auf euren Social-Media-Kanälen einen tollen PR-Erfolg,
bei dem es um euren tabi ging. Vielleicht kannst du einmal selber erzählen – die
Reaktionen darauf waren ja wirklich großartig.
M: Ja, wir haben einen tabi-Mini verlost. Neben dem großen tabi bieten wir auch einen kleinen tabi mit der Vorrichtung, die Toilettenpapierrolle zu integrieren, an. Die Reaktionen auf die Verlosung waren wirklich toll, da viele Frauen erwähnt haben: "Hey, so etwas bräuchte ich auch an meinem Arbeitsplatz." Und da merken wir einfach: Es geht in die richtige Richtung und wir können mit unserem Produkt Frauen unterstützen und innovative Möglichkeiten bieten.
Caro: Ja, du sprichst es gerade schon an: Frauen unterstützen und Möglichkeiten
bieten. Wir kennen uns selber noch gar nicht so lange und trotzdem habt ihr
innerhalb kürzester Zeit entschieden: "Wir unterstützen beim Female Health
Festival sowohl als Sponsoring-Partner als auch mit einem tabi-Messestand."
Was hat euch überzeugt? Das Event findet das erste Mal statt und hat somit noch keine große Referenz. Und trotzdem seid ihr dabei!
M: Wir können uns mit dem tabi sehr gut identifizieren – und auch mit den
Themen, die auf dem Festival behandelt werden. Zudem hast du uns als Person
überzeugt. Das ist wirklich total schön. Wir sind in einem tollen Austausch und
spüren die Synergien, die von unserer Zusammenarbeit ausgehen. Es war uns
ein Anliegen, unsere Produktkenntnisse vom tabi mit dem Festival in
Verbindung zu bringen und dem Thema Periodenarmut mehr Aufmerksamkeit
zu geben.

Caro: Aufmerksamkeit generieren – das ist auch ein ganz wichtiger Punkt. Auf
dem Event geht es viel um Empowerment und Gleichstellung. Ihr macht als
Unternehmen einiges in diese Richtung. Wie lebt ihr das bei KLEIN?
M: Wir haben in allen Bereichen ganz großartige Frauen: Von der Ausbildung,
über die Logistik, den Vertriebs-Innen- und Außendienst, die Buchhaltung, das
Marketing, den Service und das Team Medical.Kürzlich haben wir mit allen Kolleginnen in Führungspositionen ein gemeinsames Seminar besucht, bei dem wir uns unter anderem zum Thema Female Empowerment ausgetauscht haben. Das war sehr schön und
bereichernd.
Caro: Während eines Rundgangs durch euer Unternehmen ist mir aufgefallen,
was ihr für die Belegschaft anbietet. Es gibt ein Eltern-Kind-Büro, das eure Mitarbeiter*innen nutzen können, wenn bspw. die Kita oder die Schule geschlossen sind. Zudem stehen durch den tabi auf allen Damentoiletten kostenlose Menstruationsprodukte zur Verfügung. Gibt es etwas, worauf du besonders stolz bist?
M: Wir bieten für die gesamte Belegschaft verschiedene Inhouse Seminare und
Workshops an, wie bspw. Seminare zur Achtsamkeit und Resilienz oder auch
Englischkurse. Im Bereich der Gesundheitsprävention veranstalten wir unter anderem jährlich
einen AOK-Gesundheitstag. Seit letztem Jahr besucht uns regelmäßig das
Blutspendemobil des DRK. Regelmäßig können unsere Mitarbeitenden darüber
hinaus Termine bei einem Physiotherapeuten buchen, der zu uns ins
Unternehmen kommt.
Caro: Meine Frage zum Abschluss:
Welches Berufsbild erfährt in deinen Augen in der Gesellschaft zu wenig
Sichtbarkeit und Raum?
M: Der Beruf der Hebamme ist hier ein sehr gutes Beispiel. Denn dieser bedarf
definitiv mehr Anerkennung und Wertschätzung, als auch eine deutlich bessere
Bezahlung. Sie machen eine wichtige Arbeit und dies gilt es wertzuschätzen!
Caro: Vielen Dank für deine persönlich Einschätzung und das nette Interview.
Ich freue mich, euch am 16. Mai auf dem Female Health Festival zu begrüßen.
Dort haben dann alle Besucherinnen die Möglichkeit den tabi an euerem Messestand live zu sehen.
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